Ukraine-Soldat erklärt, warum er kein Erbarmen mit flehenden Russen hat (2024)

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Von: Patrick Mayer

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Auf X mehren sich Videos russischer Soldaten, die sich ergeben wollen. Die aber trotzdem attackiert werden. Ein ukrainischer Drohnen-Pilot rechtfertigt sich.

Donbass – Die Zahlen stammen aus Russland selbst, aus Zeiten vor dem Blutvergießen im Ukraine-Krieg. Sie halten als Vergleichsgröße her, wie sehr sich das Moskau-Regime bei seinem völkerrechtswidrigen Überfall auf den Nachbarn verschätzt hat.

Wie Russia Beyond berichtete, vermeldete das „Russische Föderale Staatliche Amt für Statistik“ (Rosstat) 2018 die Einwohnerzahl von 146,9 Millionen Menschen. Darunter waren demnach 54 Prozent Frauen, in Zahlen 78,8 Millionen. Männer gab es in der Russischen Föderation zum Erhebungszeitpunkt folglich 68,1 Millionen. Die Quelle ist in Deutschland wegen ihrer großen Nähe zum Kreml zwar hochumstritten, aber sie ist nahe an offiziell propagierten russischen Statistiken dran.

Verluste für Russland: Viele Soldaten Putins bleiben in der Ukraine zurück

Eine zu den Verlusten in der Ukraine führt sie nicht. Geht es nach dem Verteidigungsministerium Großbritanniens, wurden bis Ende April mehr als 450.000 russische Soldaten getötet oder verwundet. Hieße im Umkehrschluss, dass einer unter 136 männlichen Russen getötet oder verwundet wurde. In dieser Gemengelage teilen ukrainische Blogger bei X (vormals Twitter) Videos, wie russische Soldaten sich wohl ergeben wollten. Doch nicht selten nahmen ukrainische Drohnen-Piloten demnach keine Rücksicht darauf. Zwei haben sich jetzt dafür gerechtfertigt.

Ukraine-Soldat erklärt, warum er kein Erbarmen mit flehenden Russen hat (1)

Russische Verluste im Krieg: Drohnen-Piloten lassen Granaten auf Soldaten fallen

Es sind geradezu verstörende Erlebnisberichte zur Brutalität des Krieges. Einer dieser Berichte stammt von Andrij, der vor dem Ukraine-Krieg in einer Bank gearbeitet hat, doch jetzt Drohnen-Pilot an der Donbass-Front ist. Er sprach mit dem Recherche-Team von „Y-Kollektiv“, das Sequenzen des schonungslosen Interviews in der Dokumentation „Vom Leben und Sterben an der Ukraine-Front“ (abrufbar in der ARD-Mediathek) veröffentlicht hat.

„Man kann einen Soldaten nicht beschuldigen, einen sich ergebenden Russen töten zu wollen, wenn vorher sein Freund aufgegeben hat und er vor seinen Augen erschossen wurde. So funktioniert das nicht. Man kann nicht sagen: ‚Du hast einen Freund von mir getötet. Okay, ich werde dich nicht töten. Geh und bleib in unserem Gefängnis und iss auf unsere Kosten.‘ So wird das nicht passieren“, erzählt Andrij in dem ARD-Beitrag.

Leute wie ich, die 2022 oder 2023 zu kämpfen begonnen haben, werden früher oder später entweder körperlich oder geistig am Ende sein.

An der Front: Ukraine-Soldaten attackieren wohl auch sich ergebende Russen

Man könne nicht alles im Fernsehen zeigen oder erzählen, „und so entwickeln Zivilisten ein ‚richtiges‘, ‚korrektes‘ Bewusstsein vom Krieg. Es ist ‚korrekt‘ in dem Sinne, dass es nach den Regeln abläuft“, meint er und erhebt seinerseits schwere Vorwürfe gegen die russische Armee: „Aber es geschieht nicht auf diese Weise. Es findet nicht statt. Ich würde mir sehr wünschen, dass sie nicht exekutieren. Dass sie nicht mit Gas vergiften.“ Er spreche „jetzt von den Russen. Aber so ist das nicht. Denn sie sind Tiere, sie sind einfach Tiere, die aus den Sümpfen in dieses Land kamen“, meint der Soldat harsch.

Ein anderer ukrainischer Drohnen-Pilot, Vlad, sagt auf Nachfrage über Angriffe auf sich ergebende Russen: „Ich habe kein Mitleid. Das ist kein Mensch, das ist ein Feind. Wenn ich es nicht tue, dann würde er mich, meine Frau, meine Familie töten. Ich weiß, dass sie kein Mitleid mit mir haben. Weil ich Ukrainer bin. Das reicht schon aus.“ Zur Einordnung: In den Videos in den sozialen Medien sind mutmaßlich russische Soldaten zu sehen, die, meist verwundet, etwa auf Schilder geschrieben haben, dass sie sich ergeben wollen. Dennoch klinkt eine ukrainische Drohne in einem Beispiel eine Granate aus und lässt diese auf den Soldaten fallen.

Russland-Verluste im Ukraine-Krieg: Drohnen-Piloten erzählen von der Front

Womit es sich um mutmaßliche Kriegsverbrechen handeln könnte? Im internationalen Verständnis schützen die sogenannten Genfer Konventionen Personen, die sich nicht oder nicht mehr an den Kampfhandlungen beteiligen. Der darin enthaltene so bezeichnete gemeinsame Artikel 3 besagt, dass „Verwundete und Kranke geborgen und gepflegt werden“ sollen. „Angriffe auf Leib und Leben“ sind demnach auf Personen, „welche die Waffen gestreckt haben“, verboten. Niedergeschrieben wurden die Genfer Konventionen indes in Zeiten, in denen es freilich noch keine Drohnen gab.

Und: Die Ukraine zählt nicht offiziell zu den Unterzeichnern der internationalen Abmachungen. Wie sehr das Töten und Sterben indes an den Drohnen-Piloten selbst zehrt, zeigt die ARD-Dokumentation ebenfalls. „Leute wie ich, die 2022 oder 2023 zu kämpfen begonnen haben, werden früher oder später entweder körperlich oder geistig am Ende sein. Wir werden einfach fertig sein. Und wir werden Leute brauchen, die uns ersetzen“, erklärt Vlad. So steigen die Verluste ungebremst – für Russland, aber auch für die Ukraine, deren Drohnen-Piloten nicht zuletzt russische Panzer attackieren. Und ein Ende der Brutalität auf dem Schlachtfeld war auch Mitte Mai nicht in Sicht. (pm)

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